Arbeitszeiterfassung Datenschutz

Arbeitszeiterfassung – wer darf auf die Arbeitszeit-Daten zugreifen?

Bereits 2022 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Arbeitszeit von Beschäftigten zu dokumentieren ist (Az. 1 ABR 22/21). Dazu ergeben sich auch diverse Kontrollpflichten aufseiten des Arbeitgebers. Bei der Umsetzung stellt sich dann die Frage, welche Personen oder Rollen nun tatsächlich auf welche Arbeitszeitdaten zugreifen dürfen. Dieser Beitrag beleuchtet einmal die an diesem Thema beteiligten Personengruppen und deren Datenzugriffe aus Sicht des Datenschutzes.

Für den meist eher praxisorientierten Leser sind die rechtlichen Hintergründe weniger interessant und daher erst im letzten Abschnitt dieses Artikels aufgeführt.

Zweckbindung und Datenminimierung

Betrachten wir zunächst die Frage, welche Personen oder Rollen Zugriff auf die Zeiterfassung benötigen und wie weit dieser Zugriff aus Datenschutzsicht auszulegen ist. Hier gelten wie immer zwingend die Prinzipien der Zweckbindung und der Datenminimierung. Ein Zugriff darf für legitime Zwecke und im dazu erforderlichen Minimalumfang gewährt werden.

Beim Zugriff ist zu unterscheiden:

  • Was ist der legitime Zweck?
  • Welche Daten oder Detailebene sind zur Erfüllung des jeweiligen Zwecks unbedingt erforderlich (Minimalprinzip)?
  • Genügen auch anonymisierte oder aggregierte Daten?
  • Genügen Übersichtsdaten (z. B. monatliche Tagesauswertung) oder muss ein Zugriff auf die Einzeldaten (Kommen- und Gehen-Zeiten) erfolgen?
  • Ist ein flächendeckender Datenzugriff erforderlich oder genügen Stichproben?
  • Inwieweit sind nur aktuelle oder auch historische Daten erforderlich?
  • Wie lange ist der Zugriff erforderlich (Dauer der Zugriffsgewährung)?

Arbeitgeber (Personalabteilung, arbeitszeitbeauftragte Personen)

Arbeitgeber dürfen auf Arbeitszeitdaten zugreifen, um die Einhaltung der Arbeitsgesetze zu gewährleisten, die Personaleinsatzplanung zu verwalten und soweit dies in der konkreten Organisation zulässig ist, auch die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen. Sie sind für die Einführung und rechtmäßige Nutzung von Zeiterfassungssystemen verantwortlich.

Es hängt von der konkreten Organisation der Arbeitszeitdokumentation und -kontrolle ab, welche Personen beim Arbeitgeber Zugriff auf die einzelnen Zeitbuchungen haben. Typischerweise liegt diese Aufgabe bei benannten Personen in der Personalabteilung oder bei separaten arbeitszeitbeauftragten Personen. Diese dürfen zum Zweck der Arbeitszeitkontrolle Zugriff auf die Zeitbuchungen (Kommen- und Gegen-Zeiten) erhalten. Im Sinn der Datensparsamkeit ist die Anzahl dieser Personen auf ein objektiv nachvollziehbares, minimales Maß zu begrenzen.

Kontrollen sind in angemessenen Stichproben durchzuführen. Die Notwendigkeit einer lückenlosen, anlasslosen Dauerüberwachung der Beschäftigten ist aber nicht aus der Aufzeichnungspflicht abzuleiten.

Arbeitszeitdaten sind der Personalakte zuzurechnen. Damit dürfen ggf. auch weitere Personen, in der Regel aus der Personalabteilung oder der Lohn- und Gehaltsbuchhaltung, auf die Zeitbuchungen zugreifen. Die Einsichtnahme und Nutzung dieser Daten sind auf die jeweiligen rechtmäßigen Zwecke zu begrenzen, beispielsweise auf die Erstellung einer Gehaltsabrechnung.

Beschäftigte

Die Beschäftigten haben das Recht, auf ihre eigenen Zeiterfassungsdaten zuzugreifen, um ihre erfassten Stunden zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie für ihre Arbeit korrekt entlohnt werden. Ein Zugriff auf die Daten anderer Beschäftigten ist nicht erforderlich und somit nicht zulässig. Ausnahmen bestehen nur in Verbindung mit der Übernahme besonderer Rollen (z. B. als Personalmitarbeiter, arbeitszeitbeauftragte Personen).

Vorgesetzte

Vorgesetzte benötigen die für die Organisation ihrer jeweiligen Zuständigkeitsbereiche erforderlichen An- und Abwesenheitsdaten. Das umfasst die Information über aktuelle und zukünftig geplante An- und Abwesenheiten. Die Kenntnis der Gründe für Abwesenheiten ist regelmäßig nicht für die Arbeitsorganisation erforderlich.

Für die Kontrolle der Arbeitszeit empfehlen manche Aufsichtsbehörden bevorzugt die Einsetzung von arbeitszeitbeauftragen Personen, die nicht gleichzeitig Vorgesetzte sind. Damit soll einer unzulässigen Leistungs- und Verhaltenskontrolle durch Vorgesetzte vorgebeugt werden.

Wenn entgegen der zuvor genannten Empfehlung Vorgesetzte mit der Kontrolle der Arbeitszeit betraut sein sollten, dann ist sicherzustellen, dass nicht auch noch weitere Personen, wie die Personalabteilung, redundante Kontrollen durchführen. Eine solche „doppelte“ Verarbeitung würde der im Datenschutz geforderten Datenminimierung entgegenstehen. Auch ist sicherzustellen, dass Kontrollen in angemessenem Umfang und ausreichend zeitnah erfolgen. Dazu ist es nicht erforderlich, einen Zugriff auf historische Zeiterfassungsdaten zu gewähren. In der Regel genügt ein Rückblick auf die Detaildaten der Zeiterfassung bis zum letzten abgeschlossenen Monat.

Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung

Mitglieder von Vertretungsgremien können in begrenztem Umfang auf Arbeitszeitdaten zugreifen, um die Einhaltung von Arbeitsvereinbarungen zu überwachen und angemessene Arbeitsbedingungen zu gewährleisten. Ihre Rechte sind jedoch in besonderen Bestimmungen festgelegt, wie z. B. im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) für den Betriebsrat oder im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) für die Schwerbehindertenvertretung.

Ein Zugriff auf die einzelnen Zeitbuchungen von Beschäftigten ist regelmäßig nicht erforderlich. Auch die Bereitstellung von personenbezogenen Übersichten dürfte im Sinn der Datenminimierung nur schwer zu begründen sein. Anonymisierte Übersichten, ggf. nach Arbeitsbereichen gruppiert, genügen für die Überwachung der meisten Arbeitszeitvereinbarungen. Sofern besondere Regelungen oder eine Abweichung in den anonymisierten Daten einen Zugriff darüber hinaus erfordern, so ist dieser eng an der objektiv erforderlichen Notwendigkeit auszulegen. Ein dauerhafter, lesender Zugriff auf das Zeiterfassungssystem ist nicht begründbar.

Arbeitsbehörden und Gerichte

Im Falle von Prüfungen, Untersuchungen oder Rechtsstreitigkeiten können zuständige Behörden und Gerichte auf Arbeitszeitdaten zugreifen, um die Einhaltung der Arbeitsgesetze durchzusetzen und Konflikte zu lösen. Der Zugriff erfolgt in diesen Fällen befristet und auf den jeweiligen Prüffokus begrenzt.

Zum rechtlichen Hintergrund

Die (gesetzliche) Verpflichtung zum Umgang mit Arbeitszeitdaten ergibt sich zunächst aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG sowie den zugehörigen Gerichtsurteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH Entscheidung von 14.05.2019) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG Az. 1 ABR 22/21). Aufgrund dieser Entscheidung müsste der deutsche Gesetzgeber nachbessern. Es gibt einen Gesetzesentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus April 2023 aus dem sich die Ideen des Gesetzgebers ableiten lassen. Bisher wurde dieses Gesetz jedoch nicht beschlossen. Mit der Pressemeldung vom 02.07.2024 hat die Bundesregierung mitgeteilt, dass derzeit kein Zeitplan für dieses neue Gesetz mitgeteilt werden kann. Mit Blick auf die aktuelle politische Lage (02/2025) und den anstehenden Neuwahlen, dürfte auch in den nächsten Monaten kaum damit zu rechnen sein.

Aufgrund der oben genannten Rechtsprechung sind Unternehmen dennoch bereits jetzt verpflichtet, ein geeignetes System zur Erfassung von Arbeitszeiten zu implementieren.

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Bildquellen:

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